Alles beginnt damit, dass Frau Martje
Krull mit einem Fall vor den Dorfrichter Adam kommt: Es geht um
einen zerbrochenen Krug, den sie gerne ersetzt haben möchte. Der
Täter scheint auch schnell gefunden, doch plötzlich neu aufkommende
Geständnisse und Aussagen geben der ganzen Geschichte eine Wendung,
und es geht auf einmal um mehr als einen bloßen Krug. Und als sich
auch noch der Gerichtsrat Wolter zur Inspektion einfindet, um die
Verhandlung zu begutachten, geht im Gerichtssaal munter die Post ab.
Presse
„Dat Schörengericht" - Heiner
Heintzsch glänzte als Dorfrichter Adam
Dass die Volksspielbühne Rissen vor ziemlich vollem Saal spielt, ist
längst keine Seltenheit mehr. Bei der Premiere am 26.10. allerdings
musste manch einer sich gar mit einem Stehplatz begnügen! Ob es an
dem Stück lag, übrigens einer plattdeutschen Version des
„Zerbrochenen Kruges" von Heinrich v. Kleist, oder am 40.
Bühnenjubiläum von Annelie Letterman, in jedem Falle war die Fülle
des Saales nicht nur für den Zuschauer beeindruckend, sondern sicher
gleichermaßen auch eine Freude für die Schauspieler und alle übrigen
Mitwirkenden. Den ersten dicken Applaus gab's wieder mal gleich für
das Bühnenbild: Es scheint, dass die Rissener eine gewisse
Vorstellung haben von den vielen Gedanken, die dahinterstecken und
den unzähligen Arbeitsstunden eines vielköpfigen engagierten Teams:
die bis ins Detail liebevoll gestaltete friesisch-dörfliche Stube
mit einem Alkoven und einem friesischen Kachelofen mit einer echten
- geliehenen - Ofenklappe, Reihen gestapelter Holzscheite, Geweihen
an der Wand. Ein antikes Stehpult steht bereit und ein alter
Kiefernholztisch, eine Waschschüssel im Ständer von anno dazumal.
Hinter dem Nesselvorhang des Alkovens wird deftig geschnarcht,
während des Dorfrichter Adams despektierlich kichernde Mägde -
Sybille Lettermann und Beate Teichmann - die offenbar vom Vorabend
herrührende Unordnung zu beseitigen bemüht sind. Ächzend schält sich
der Schnarcher im weißen Nachtkleid schließlich aus seinen Federn,
ein Glatzkopf mit blutigen Schürfwunden, ein Bein sich wickelnd.
„Utrutscht bün ik", erklärt er seinem etwas ungläubig
dreinblickenden Schreiber Lichte - Dirk Steffens, „in mien egen Fööt
vertüdelt, as ik ut mien Puuch hoochkeem, jüst even." Heiner
Heintzsch in der Rolle des Dorfrichters Adam - ist seine Glatze eine
tolle Maske oder ist sie echt? Sie ist echt! Heiner Heintzsch hat
sie sich extra für diese Rolle geschoren und zunächst auch ein
bisschen gefroren am Kopp - reagiert wunderbar nervös und ungehalten
auf die unliebsamen Fragen. Im weiteren Verlauf vermag er gekonnt zu
vermitteln, wie er immer mehr in die Bredouille gerät während der
Gerichtsverhandlung über den zerdepperten Krug von Frau Martje in
Anwesenheit des Gerichtsrates, der - Düvel ok! - gekommen ist, die
ländliche Justiz „mal op'n Tähn to föhlen un'n beten Hülp un Bistand
tokamen to laten". Edward Rienau ist es, der von einer Altonaer
Bühnengemeinschaft im Januar dieses Jahres von der Volksspielbühne
Rissen aufgenommen wurde und hier jetzt seine erste Rolle spielt;
eine echte Bereicherung. Großartig, wie sein zunehmendes Erstaunen
und sein Misstrauen in den Dorfrichter, der sich verzweifelt müht,
ihn mit Wein abzufüllen, an seiner differenzierten Mimik und Gestik
abzulesen sind. Schließlich sieht Adam nicht nur bös ramponiert aus,
da gibt es ja auch noch die fehlende Perücke!
Annelie Lettermanns Auftritt dann als Frau Martje mit ihrem kaputten
Krug im Arm. Statt sachlich ihre Klage vorzutragen, legt sie, durch
nichts zu bremsen, los mit der nervend akribisch und dennoch
bravourös temperamentvoll vorgetragenen ewig langen Lebensgeschichte
ihres so wertvollen Kruges. Christian Dennert als den zukünftigen
und beschuldigten Schwiegersohn Robert hält es nicht auf seinem
Stuhl. Empört und vehement wehrt er sich, während Samira Müller, das
zarte Töchterlein Efi, einen schweren Part hat: immer nur hilflos
und blass und meist stumm muss sie sitzen, bis sich endlich am
Schluss auch ihre Wut über Richter Adam Bahn brechen kann.
Dann noch ein Highlight: Silke Lorenzen als Frau Brigitte erscheint
mit einer Perücke, die im Stackett unter Efis Fenster hing! Nach
Annelie Lettermann nutzt nun auch sie ihren Solopart zu einem
herrlich komischen, souverän und virtuos gespielten Auftritt.
Nun, man weiß, Richter Adam wird als Täter entlarvt und flieht vor
der wütenden Menge. Nur Frau Martje, allein auf der Bühne
zurückgeblieben, lamentiert noch solo über das nicht
zustandegekommene Gerichtsurteil über ihren zerbrochenen Krug und
wird "schon morgen zum Landgericht weitergehen". Der alte
Theater-Hase Rudi Schröder hat hier mal wieder eine großartige
Regie-Arbeit geleistet und verdient, zusammen mit seinen
Schauspielern und dem Bühnenbildner Herbert Lettermann und seinem
Team den großen Applaus, nicht zu vergessen Karin Selchow, die aus
dem Souffleurkasten krabbelt. Und natürlich: die Kostüme von Elke
Lustig! Einfach wunderbar. Einem Vergleich mit dem Ohnsorg-Theater
ist diese Aufführung sicherlich gewachsen! Thorsten Junge übernimmt
ein bisschen die Moderation, weil doch die Premiere zusammenfällt
mit Annelie Lettermanns 40. Bühnenjubiläum. Seine Rede über „Li"
müsse er kurz halten, weil doch schon morgen um 16 Uhr die nächste
Vorstellung anstehe. Jeder Mitspieler überreicht Annelie eine Rose,
was, als die Bühnenspatzen auch noch mit ihren Rosen anmarschiert
kommen, sich zu einem riesigen Strauß summiert.
Kathrin Oehme, die Präsidentin des Landesverbandes der
Amateur-Theater, ist eigens gekommen, um der Jubilarin zu
gratulieren, ihre langjährige Bühnen- und Vorstandsarbeit zu
würdigen und ihr für ihre 40-jährige Zugehörigkeit die goldene
Ehrennadel des Verbandes zu überreichen.
(Rissener Rundschau)
Bühnenklassiker von Kleist „op platt
Volksspielbühne Rissen führt in der Schule Iserbarg „Dat
Schörengericht" auf
Die Volksspielbühne Rissen (VBR) spielt diesen Herbst eine
plattdeutsche Fassung von „Der zerbrochene Krug" nach Heinrich von
Kleist (1777-1811). Bereits vor 25 Jahren, im Frühjahr 1976, wurde
„Der zerbrochene Krug" aufgeführt. Es war die Fassung von
Hans-Helmut Nissen mit dem plattdeutschen Titel „De tweismeten
Kruuk". Es führte damals Heiner Tewes Regie, der diesmal den Vater
spielt. Rudi Schröder spielte den Dorfrichter Adam und inszeniert
die diesjährige Fassung. Lisa Schröder, die jetzt hinter der Bühne
hilft, stellte damals eine der Mägde dar und Herbert Lettermann den
Schreiber Licht. Dies Mal hat er das Bühnenbild entworfen. Silke
Lorenzen, die damalige Tochter Eve, ist dieses Mal als Frau Brigitte
zu sehen. Die weiteren Rollen wurden mit Egbert Wieck als
Gerichtsrat, Herta Mutschink als Frau Marthe Rull, Dieter Kirschner
als Vater, Günter Schramme als dessen Sohn, Hilma Wieck alsFrau
Brigitte, Jörn Schröder als Bedientem und Büttel sowie Sabine
Mutschink als zweiter Magd besetzt.
Die aktuelle Fassung „Dat Schörengericht" stammt von Hans Schaefer
und ist, neben der damaligen, die gängige plattdeutsche Version des
Stückes. Unter der Regie von Rudi Schröder verkörpert Heiner
Heintzsch den diesjährigen Dorfrichter Adam. Der Gerichtsrat Wolter
wird von Edward „Ed" Rienau dargestellt, der Anfang des Jahres
Mitglied der VBR wurde. Christian Dennert ist seit 1992 bei der VBR
und verkörpert den Beklagten Robert. Die Rolle der Efi ist die erste
große plattdeutsche Rolle von Samira Müller, nachdem sie bereits den
Prolog im Frühjahr 2001 spielte. Annelie Lettermann stellt zu ihrem
40-jährigen Jubiläum Frau Marthe Krull, die ihre 30. plattdeutsche
Rolle ist, dar. In weiteren Rollen: Dirk Steffens als Schreiber
Lichte, Heiner Tewes als Vater Jan Stoffel, Sybille Lettermann und
Beate Teichmann als die Mägde Lisbeth und Grete bei Adam, Silke
Lorenzen als Frau Brigitte, Horst Lorenzen als Bedienterund Armin
Arendt als Büttel. Und hinter der Bühne wirken Karin Selchow als
Souffleuse, Renate Jark und Elke Novitski als Regie-Assistentinnen
sowie Karin Heintzsch, Gerda Arendt und Lisa Schröder ais
Inspizientinnen. Die Kostüme stammen, wie seit Jahren üblich, von
Elke Lustig. Gerda und Armin Arendt sind dieses Jahr in die VBR
eingetreten.
(Elbe-Wochenblatt)
Ein Lebenslicht ist erloschen; leise
senkte sich der letzte Vorhang für unser Ehrenmitglied Elfi Bergel.
Von ihren 81 Lebensjahren - 40 Theaterjahren in unseren Reihen,
dafür sagen wir danke. Wir alle werden uns lächelnd an Elfi und ihr
urwüchsiges Theaterspiel erinnern.
Im Namen der VBR Annelie Lettermann
"Das Leben ist ein kleiner Funke zwischen zwei Ewigkeiten."