Bennos Hof ist einer der größeren im
Hamburger Umland, die die Jahrhundertwende überstanden haben.
Landflucht und Preisverfall hatten das Aus für viele Höfe bedeutet,
Handarbeit war die Basis der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft
hoffte auf einen krieg, der beiden Seiten fette Gewinne bescheren
würde. Aber die Zeit stank nach Frieden. Die Lage war trostlos
friedlich. Und damit höchst explosiv. Bennos Hof wurde nur vom
wirtschaftlichen druck betroffen, was aber bedeutete, dass ständig
Personal abwanderte, bis nur noch die Kernfamilie auf dem Hof lebte
und arbeitete. Während der Ruhe- und Saatzeit war dies kein Problem,
während der Erntezeit jedoch mussten Tagelöhner angeworben werden,
also Meih-Apen (Mähaffen), um die Ernte einzubringen. Eine
unerwartete, zusätzliche Kraft war immer willkommen, gerade zwischen
August und Oktober, insbesondere wenn sie kostenlos arbeiten wollte.
Bei klarem Verstand hätte Benno niemals eine junge Frau angenommen,
die nur für Kost und Logis arbeiten will, er hätte Unrat gerochen,
aber Erntedruck, Personalnot und rote Haare, das hat seinen Blick
getrübt. Und diese roten Haare, gepaart mit Fleiß und Ausdauer,
ergänzt durch Verstand und Bescheidenheit, das trifft ihn auf dem
falschen Fuß. Benno hört noch auf seine erotischen Signale. Das muss
natürlich schiefgehen, sonst ergäbe sich ja keine Komik, sondern
eine moderne Beziehungskiste, und die darf nur das hochdeutsche
Theater spielen. Weibliche List ist also gefragt, Schläue gegen
Verliebtheit, die alte Geschichte, älter als die Bibel. Nur...
diesmal verliert keiner.
Presse
Lütte, witte Siedenschoh
Für wen? Für die Braut natürlich? Und
wo war die zu sehen? In der Volksspielbühne Rissen. Und natürlich
kriegt die Braut die Schuhe und den Bräutigam dazu. Aber wie sie das
anstellt, war schon sehenswert, und nicht nur wegen ihrer feuerroten
Locken! Sehenswert nicht nur die Braut (Anna Richter), auch Thorsten
Junge spielte den Bräutigam so überzeugend toffelig, dass man nicht
recht versteht, warum er es denn partout sein soll - aber wo die
Liebe hinfällt...
Bis es so weit ist, werden auf sehr
vergnügliche Weise Hindernisse aus dem Weg geräumt: Vadder ist gegen
eine aus der Stadt, und so verkauft man ihm die Braut als Deern vom
Erbhof aus dem Nachbardorf. Der alte Bullerkopp (Rudi Schröder)
verkuckt sich aber so gründlich in die vermeintliche Dienstmagd,
dass die Frauen einschreiten müssen. Vor allem die langjährige
Haushälterin Lisa (Herta Mutschink) hat da allerhand dagegen -
wartet sie doch schon jahrelang und bisher vergeblich auf ihren
Hochzeitstermin mit dem Bauern.
Die Frauen schreiten also ein, mit
Erfolg, am Ende kriegen sich die richtigen. Bestimmt keine neue
Geschichte; sie wird aber so herzerfrischend und gekonnt erzählt,
dass zwei Stunden schnell vorbei sind.
Das Bühnenbild mit den Gerätschaften
einer Jahrhundertwende-Küche sowie die passenden Kostüme schufen die
richtige Atmosphäre. Als Spielleiter sorgten Annelie Lettermann und
Dirk Steffens dafür, dass alles stimmte: Da war kein überflüssiger
Klamauk, sondern bei aller Komik wurde schon deutlich, dass
Landleben kein Zuckerschlecken war (und ist). Und genau das ist auch
die Absicht des Autors, Ingo Sax. Seine Stücke werden seit langer
Zeit mit Erfolg am Ohnsorg-Theater gespielt und, wie zu sehen war,
auch in der Rissener Volksspielbühne.
Davon konnte sich Ingo Sax dann am
Premieren-Abend auch selbst überzeugen, und er war sehr zufrieden!
Bei allen Beteiligten vor und hinter
der Bühne, die aus Spaß an der Freude ganz unentgeltlich arbeiten,
muss man sich für den gelungenen Abend herzlich bedanken.(Gudula
Kröger)
Lütte, witte Siedenschoh
Eben komme ich aus der Aula Iserbarg, die Hände noch ganz heiß vom
rhythmischen Klatschen, da muß ich Ihnen schreiben, "wat för'n Spooß
wie hatt hebbt!"
Das war kein Laientheater, kein mühsam eingeübtes Stück. Ein
amüsantes Stück Landleben aus der Jahrhundertwende mit vielen
versteckten Weisheiten und kleinen Sticheleien wurde uns locker,
ganz wie aus dem Leben präsentiert.
Der junge "Vosskopp", die Katharina aus Hamburg, Anna Richter, die
wir schon von den Bühnenspatzen her gern haben, hat sich charmant
und elegant gegen die Kerls durchgesetzt, umwerfend mit ihrem
feuerroten Schöpf.
Thorsten Junge hat den einfältigen Fiete unter der Knute seines
Vaters so glaubhaft gespielt, daß, wenn ich ihn nicht anders kennen
würde, ich ihm glatt den Groschen schenken möchte zu seiner Mark.
Die Augen von Rudi Schröder als alter Bauer Benno haben bis in die
letzte Reihe geglitzert bei Katharinas Anblick, was für'n herrlicher
alter Gockel er war, und was hat er sich gewunden, als es an seine
Kohle ging.
Herta Mutschink als verschmitzte, patente Haushälterin im
Fischbeinkorsett hat sich auch nicht die Butter vom Brot nehmen
lassen und dem alten Benno gehörig eingeheizt. Ihre Mimik war
einfach köstlich.
Auch die Bühnenbauer haben wieder einmal ganze Arbeit geleistet.
Eine solch schöne Fachwerkküche mit (zum Leidwesen von Fiete) heißem
Ofen, mit Pütt un Pann, Hefeteig, Kaffeepott und altem Bügeleisen,
mit Küchenschapp und Ausblick in den Rosengarten hätte wohl mancher
Bauer gern gehabt (oder nicht, Heiko B.?).
Die Regisseure, die in der Pause auch beim Ausschank zu beobachten
waren, Dirk Steffens und Annelie Lettermann, haben mit Recht mit den
Scheinwerfern um die Wette gestrahlt.
Vielen, vielen Dank der
Volksspielbühne Rissen für dieses Vergnügen.