"'Brand-Stiftung' hat eine Pointe wie
ein Krimi. Mehr zu sagen, hieße, dem uneingeweihten Betrachter ein
gut Teil der Spannung zu nehmen, die ihm den Theaterabend
hoffentlich zwei Stunden lang anreichert. Ich bitte also alle
Wissenden und diejenigen, die dem Autor schon frühzeitig auf die
Schliche kommen - was sie gern dürfen - um Diskretion. Wir erleben
die Komödie eines Dorfpastors, das Geschehen in einem kleinen Ort,
den es zwar nicht gibt, den es aber überall geben könnte, weil die
Menschen sich überall wie Menschen benehmen. Böse meint es niemand,
und deswegen geht es in 'Brand-Stiftung' auch immer heiter zu. Dass
trotzdem durchaus Ernstgemeintes in Wort und Tat den Zuschauer
möglicherweise zum Nachdenken anregt, dass ihm sogar ein Spiegel
vorgehalten wird, nun, das ist der Sinn des Theaters schlechthin,
und das unterscheidet eine Komödie von einem Schwank oder Lustspiel.
Womit bitte nichts gegen einen Schwank oder ein Lustspiel gesagt
werden soll! Alle Stückgattungen haben am Theater ihre Berechtigung
und ihre Wirkung. Wenn ich aus meiner eigenen Werkstatt berichten
darf, so sind seit 1948 ein Volksstück, ein Kriminalstück, ein
Schauspiel, ein Schwank, ein Lustspiel, eine Tragikomödie und zwei
Komödien entstanden. Sechs Stücke davon wurden am Ohnsorg-Theater
uraufgeführt, eins in Kiel und eins in Braunschweig." (Günther
Siegmund)
De Autor
Günther Siegmund war Schauspieler und
Dramaturg, Autor und Übersetzer und Direktor des Ohnsorg-Theaters in
der Zeit von 1970 bis 1979. Erst 54jährig starb Günther Siegmund am
20. Mai 1981 in seinem italienischen Ferienort. Er hatte nach
anstrengenden Jahren Erholung gesucht. Die Arbeit für das
niederdeutsche Theater war sein Leben. Jahrzehntelang hatte es im
Ohnsorg-Theater keine Premiere gegeben, an der Günther Siegmund
nicht beteiligt gewesen wäre.
Presse
Die RR-Rezension
Die VB Rissen lud ein zur Aufführung der Komödie: "Brand-Stiftung".
Ich war am Dienstag dort, in der Schule am Iserbarg. Der Saal war zu
Dreivierteln gefüllt. Lag es am schlechten Wetter oder daran, daß es
die letzte Vorstellung in dieser Reihe war? Wir sind in Rissen etwas
anderes gewöhnt, denn die Vorstellung war eines Besuches wert.
Brandstiftung oder Brand-Stiftung, beides in diesem Stück war
gegeben. In einem kleinen norddeutschen Ort setzte ein furchtbares
Gewitter zwei Häuser in Brand, das der Witwe Facklam und das des
Pastors Brand. Daraus entwickelte sich eine dörfliche Komödie - mit
Recht - denn es machte schon nachdenklich, wie unterschiedlich die
Hilfsbereitschaft seitens der dortigen Bewohner dargestellt wurde.
Der Pastor wurde überhäuft mit Geldgeschenken (150.000,-DM) und dazu
noch Sachspenden, die ein ganzes Lagerhaus füllten. Der Witwe
gewährte man lediglich für ihren Einkauf einige Rabattnachlässe und
empfahl ihr verschiedene Sonderangebote.
Die Beliebtheit des Pastors muß besonders groß gewesen sein, daß er
so mit Geschenken überhäuft wurde. Sogar die Nachbarorte
wetteiferten mit der Spendierfreudigkeit des betreffenden Dorfes,
und man rechnete sich gegenseitig vor, vieviel Tausender jeder Ort
für den Pastor aufgebracht hatte. Kein Zweifel, daß es der Blitz
war, weshalb das Haus abbrannte, denn welcher Pastor würde denn
schon selbst sein eigenes Haus anzünden. Ganz anders dagegen das
Schicksal der armen Witwe, die nur mit guten Worten abgespeist
wurde. Das alles ging natürlich an der Wirklichkeit vorbei, wurde
bewußt überzogen und geschildert, wie es nicht sein sollte. Oder
trauen Sie unserer Geschäftswelt wirklich diese Hartherzigkeit
gegenüber der armen Witwe zu? Oder daß ein Pastor sein eigenes Haus
anzündet? Es sollte letztlich eine Komödie sein -was es dann auch
war.
Interessant der Auftritt von Metin Devrim als Asylant. Mit der
Besetzung dieser Rolle durch einen gebürtigen Ausländer wurde die
Eingliederung eines ausländischen Mitbürgers in die VB Rissen
vollzogen und die Loyalität gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe
demonstriert.
Die tragende Rolle spielte natürlich der Pastor Brand (Rudi
Schröder), an seiner Seite Silke Lorenzen als Haushälterin. Frau
Mutschink als Kauffrau Dreyer war mit ihrer neuen Frisur kaum
wiederzuerkennen - gut so - und Bürgermeister Ahrens (Günter
Schramme) könnte bald die Nachfolge von Egbert Wieck antreten - die
Voraussetzungen sind da. Am Schlußabend konnte die VB Rissen noch
zwei Jubelpaare vorstellen: Der Präsident der Hamburger
Volksspielbühnen überreichte Ehrenurkunden und Blumensträuße an die
Aktiven Elfriede und Alfred Bergel sowie an Herrn und Frau Heinrich
anläßlich ihrer 25jährigen Mitgliedschaft zur VB Rissen. In
Abwesenheit wurde natürlich auch ein Mann der ersten Stunde geehrt -
ein Mann der heute nicht mehr auf der Bühne steht, aber allen doch
noch recht gut in Erinnerung ist. Oben schon erwähnt: Egbert Wieck.
Die "RR" schließt sich natürlich all diesen Glückwünschen an.