Großmutter hat Geburtstag und bekommt
von Kasper und Seppel eine Kaffeemühle geschenkt. Die wird aber vom
Räuber Hotzenplotz gestohlen. Kasper und Seppel, die die Mühle
zurückholen wollen, werden vom Räuber Hotzenplotz überrascht und
gefangen genommen...
Aus dem Nähkästchen
Nach der Rückverwandlung der im
Keller des Zauberschlosses gefangen gehaltenen Unke in die
wunderschöne Fee Amarylis sollte diese, gespielt von Patricia
Dadras, über eine vom Publikum nicht sichtbare Leiter, langsam aus
dem Unkenpfuhl emporsteigen. Die Verwandlung war also geschehen, es
dampfte, zischte und donnerte... und man wartete auf die Fee. Die
aber kam nicht, denn das Donnern war kein Effekt für die
Verwandlung, sondern rührte daher, dass die Darstellerin mitsamt der
Leiter neben der Bühne zusammengebrochen war. Nun erklomm sie etwas
weniger elegant aber doch konsequent ihrer Rolle gemäß feengleich
lächelnd die Rampe und verlangte ihren Mitspielern viel Beherrschung
ab...
Der Autor
Mit fantastischen Geschichten über
Geister, Zauberer und Feen ist Otfried Preußler bekannt geworden. Am
20. Oktober 2003 feierte er seinen 80. Geburtstag. Und wo sollte der
Vater der "Kleinen Hexe" und des "Räubers Hotzenplotz" wohl wohnen?
Natürlich im "Rübezahlweg" in einer kleinen Gemeinde bei Rosenheim
im Süden Deutschlands. Dort bringt Otfried Preußler die Ideen für
seine weltweit bekannten Kinderbücher zu Papier. Seit bald 50 Jahren
feilt er an seinen Texten, bis sie so schlank und präzise sind, wie
Kinder sie schätzen. Selbst sagt er: "Man muss darauf achten, es
ihnen nicht zu läppisch zu machen; denn die Kinder sind nicht so
dumm, wie manche Verlagslektoren es glauben!" Seit Jahrzehnten (ca.
40 Millionen Bücher sind seitdem verkauft worden) verschlingen
Kinder (und auch Erwachsene) die Abenteuer vom "Räuber Hotzenplotz",
vom "Kleinen Wassermann", vom "Kleinen Gespenst" und der "Kleinen
Hexe". Rund um den Erdball verzaubert Preußler seine Leser in rund
60 Sprachen. Für Preußler ist es wichtig, die Kinder in seinen
Geschichten nicht mit den Problemen des Alltags zu konfrontieren,
sondern sie in eine heile Welt zu entlassen, "in der Hoffnung noch
ihren Platz hat." Seine jungen Leser sind für Preußler die
strengsten Kritiker. Sich selbst nimmt der passionierte
Geschichtenerzähler stets zurück. Und woher kommen ihm nun die Ideen
zu seinen Erzählungen? In Böhmen geboren als Sohn eines Lehrers sind
die Wurzeln seiner Geschichten auch dort zu suchen. Großmutter und
Tanten erzählten und erweckten Kobolde, Geister, Wassermänner und
Riesen der volkstümlichen Sagen zum Leben. 1956 schrieb er den
"Kleinen Wassermann". Damals genossen Kinderbücher noch wenig
Ansehen in der literarischen Welt. Preußler hängte seinen Beruf als
Schulmeister eines Tages an den Nagel und widmete sich ganz dem
Bücherschreiben.
Presse
Unsere Rissener Theaterleut'
Im Kellerraum unter der Aula der Schule Iserbarg findet man sie am
Abend: die Schauspieler und ihre vielen Helfer. Die Hauptprobe ist
angesetzt. In 3 Tagen hat „Der Räuber Hotzenplotz" Premiere!
Eigentlich geht alles - für mich unerwartet - ruhig zu dort unten.
Kein bisschen Hektik. Auf Lampenfieber deutet nichts hin. Jeder
scheint zu wissen, was und wann und wo er zu tun hat. Die
Schauspieler, kostümiert und geschminkt, erscheinen peu á peu auf
der Bildfläche. Sie lassen sich sogar noch auf ein paar Fragen ein.
Auch die beiden Regisseurinnen kann ich mir noch greifen für ein
Gespräch. Nichts von „Jetzt passt es aber nun wirklich überhaupt
nicht!" Offenbar ist alles so gut vorbereitet und perfekt
organisiert, dass sie sich Zeit und Ruhe erlauben können. Toll!
Annelie Lettermann, die im kommenden Jahr ihr 40-jähriges
Bühnen-Jubiläum als Schauspielerin wie als Regisseurin feiern kann,
ist beim diesjährigen „Weihnachtsmärchen", will sagen, dem Stück,
das in diesem Jahr in der Vorweihnachtszeit aufgeführt wird, nur
beratend tätig gewesen. Die eigentliche Regie hat sie in die Hände
der Nachwuchslerin Stephanie Ganske gelegt. Diese hat vor Jahren bei
den „Bühnenspatzen" mit einer Nebenrolle in „Pünktchen und Anton"
begonnen.
Ihre erste plattdeutsche Rolle spielte sie mit 18. Inzwischen sind
viele weitere Rollen gefolgt, und seit 2 Jahren betreut sie,
zusammen mit Sybille Lettermann, die 12- bis 18-Jährigen, während
Annelie Lettermann den kleinen Nachwuchs bis zu 12 Jahren an die
Schauspielerei heranführt. In Gruppen wird anhand von Rollenspielen
und Sketchen gearbeitet.
Welch gute Arbeit Frau Ganske gelungen ist, kann ich später bei
einem Teil der Hauptprobe und noch später bei einer der Aufführungen
sehen. Da finde ich sie alle wieder, die ich zuvor noch im Keller
habe sprechen können. Nur die Helfer scheinen wie vom Erdboden
verschluckt, diese 15 - 20 rührigen Vereinsmitglieder aus den
verschiedensten Berufen, z.T. jetzt schon Rentner, die sich als
Bühnenbauer, Beleuchter, als Maskenbildner, Requisiteure und
Inspizienten voll eingeben in die gemeinsame Sache. Denn sie alle
gibt es, gerade wie im professionellen Theater. Und eigentlich
verwischen sich hier die Unterschiede zwischen professionellem und
Amateurtheater. Da gibt es ein Bühnenbild von Herrn Lettermann, das
lässt mich schon gleich nach Aufgehen des Vorhangs klatschen: ein
wunderbarer raumhoher Wald mit dicken Bäumen. Den großen Prospekt
hat man vor Jahren von Markenfilm bekommen können. Großmutters Haus
zum Verlieben in Rot und Blau, bunte Gartenzwerge und ein paar
richtige Tannen dazu. Ich weiß wirklich nicht, ob das Schauspielhaus
das besser kann!
Und wie da nachher gezaubert wird, das verschlägt mir den Atem. Das
dampft und blitzt wie in Fausts Studierstube. Ehe man sich's
versieht, werden Seppel und Hotzenplotz aus dem schwarzen
Zauberspiegel mit grellen Blitzen auf die Bühne gezaubert,
Hotzenplotz in einen Gimpel in weißem Vogelbauer verwandelt. Aus der
armen grauen Unke wird die strahlende Fee Amaryllis. Auch die
Zurückverwandlung vom Vogel in den echten Hotzenplotz, den weißen
Vogelkäfig noch auf dem Kopf, gelingt auf eindrucksvolle Weise. Da
waren wirkliche Könner am Werk. Alle Achtung!!
Aber ehe der Vorhang aufgeht, wird Isabell Schumacher in den
Souffleurkasten gesteckt. Mit 10 Jahren hat sie sich nach einem
Weihnachtsmärchen bei den „Bühnenspatzen" beworben und aus dem Stand
einen plattdeutschen Text gelesen. Sie wurde das jüngste Dornröschen
aller Rissener Zeiten, hat den Gestiefelten Kater gespielt und das
„Sams". Dieses Mal wollte sie gar nicht mitspielen, hat sich dann
aber doch wenigstens zum Soufflieren überreden lassen.
Bei der reizend anzusehenden Witwe Schlotterbek, alias Katharina
Vollmer, klappt es mit dem Zaubern vor dem Vorhang nicht so gut.
Aber sie zieht die Kinder immer in ihren Bann, wenn hinter dem
Vorhang umgeräumt wird. Das Krokodil in ihrem Arm war einstmals ein
Hund. Der hatte Bauchweh, das sie ihm wegzaubern wollte. Aber es kam
ein Krokodil dabei heraus, und trotz eifrigsten Mitzauberns der
Kinder bleibt es das auch. Das vielstimmige „Vorhang auf, wir warten
drauf!" der Kinder hat indes Erfolg!
Und nun wirbeln auch schon Kasper und Seppel in ihrer blau und roten
Gewandung über die Bühne. Samira Müller ist 16 Jahre alt. In 4
Weihnachtsmärchen und 2 weiteren Stücken hat sie schon mitgespielt.
Sie ist ein wunderbar lebendiger, ganz natürlicher, frecher und
freier Kasper, dessen dauernde Wortverdrehungen von den aufmerksamen
Kindern mit Begeisterung aufgenommen werden. Christian Bauer, der
schon in der Kleinkindergruppe dabei war, gibt als Seppel in seinen
ledernen Kniebundhosen mit rot kariertem Hemd und grünem Hütchen
einen liebenswerten, glaubwürdig etwas begriffsstutzigen Kumpel von
Kasper. Die liebe Großmutter ist Altmeisterin Lisa Schröder. 34
Jahre ist sie schon dabei!!
Nun, und dann der Räuber Hotzenplotz! Dirk Steffens - alter
Theaterhase! - in gelungen räuberlichem Kostüm mit breitem
Ledergürtel über dem gut genährten Bauch, bärtig und mit kraftvoller
Stimme und derbem, hämischem Lachen, ist wirklich ein total uriger
Räuber, den man sich besser besetzt nicht vorstellen kann. Ein
souveräner Darsteller, man muss es sagen, und sicher ein guter
Lehrmeister für seine beiden zarten Räuberlehrlinge, die an seiner
Seite die ersten Bühnenerfahrungen machen können.
Für den hoch und schlank aufgeschossenen 16-Jährigen Jonny Karnatz
ist der beflissene, hölzerne Wachtmeister Dimpfelmoser die dritte
Rolle auf der Rissener Bühne. Sein Begleiter, Darius Dadras als
Gemeindediener hat nichts zu sagen, ihm nur zu folgen. Eloquenz wird
um so mehr von Beate Teichmann als Zauberer verlangt. Sie kam
zusammen mit Samira Müller zu der Gruppe: „Ich will ja gern
mitmachen auf der Bühne, aber ich will nie ein Wort sprechen
müssen!" erklärte sie damals. Jetzt rauscht sie in phantastischem
schwarzen Zaubergewand mit viel Geglitzer bedrohlich durch ihr
Zauberschloss und schießt in geschliffenem Deutsch ihre boshaften
Sätze durch den Raum, während Patricia Dadras, im wirklichen Leben
des Bühnen-Gemeindedieners Schwester, als wirklich schöne Fee in
märchenhaft üppiger Abendrobe in Orange aus der dicken Unke
gezaubert wird und darüber hinaus nicht viel zu sagen hat.
Frau Elke Lustig gebührt, denke ich, noch eine ganz besondere
Erwähnung. Von ihr, der gelernten Kostümbildnerin, die freiberuflich
als Gewandmeisterin beim Fernsehen arbeitet und in Wedel einen
Kostümverleih hat, stammen Idee und Ausführung der Kostüme wie
Beratung für die Bühnenbauer und farbliche Abstimmung mit ihnen. Ein
beeindruckendes Ergebnis, wahrlich!!
Dass in jahrelang gewachsener, harmonischer Teamarbeit solch ein
Werk werden kann, das kann uns Rissener schon freuen! Übriges: Für
den Nachwuchs wird viel getan. Vielfach zeugt man ihn innerhalb der
Theaterleute einfach selber. Auch hierin ist das nicht anders als
bei den berühmten Schauspielerfamilien. (Rissener Rundschau)