Dora Papendiek, Pächtersch
vun de Pension "Haus Sorgenfrei":
Hilma Wieck
Adolf Rowedder,
Dackdeckermeister:
Heiner Tewes
Dr. Archibald Eyssenhardt,
Staatsanwalt:
Karl von Appen
Erika Klappenbach,
Frisörhölpersch:
Ingrid Zimmer
Manfred Meyer, ehr Verloovten:
Wolf-Dieter Neitzke
Hilde Puttfarken, Deern bi
Papendiek:
Annelie Warnke
Heino Thomsen, vun de Gemeendeverwalten:
Willy Brunckhorst
Achter de Kulissen:
Speelbaas:
Otto Schröder
Prüük un Visaasch:
Friseurmeister W. Brock
Presse
„Herr Staatsanwalt geiht angeln"
hatte sich die Rissener Volksspielbühne als ihr erstes
niederdeutsches Stück ausgesucht und am 6. April ging diese Komödie
von Wilfried Wroost im Heidehaus Rissen über die Bühne. Es fing
recht flott und lebhaft an. Dafür sorgte das Dienstmädchen Hilde
Puttfarken (Annelie Warnke), die frisch und fröhlich drauflos
plapperte mit einem guten Schuß Frechheit. Prüde war sie gerade
nicht. Ihre Chefin, Dora Papendieck (Elfriede Bergel) war in jeder
Hinsicht gerade in richtiger Form. Sie hat mir am besten gefallen,
in ihrer Art, der Rolle gerecht zu werden. Ihr Gegenspieler,
Dachdeckermeister Rowedder (Heinrich Tewes) stand ihr in nichts nach
und hatte oft die Lacher auf seiner Seite. Ein guter Darsteller,
wenn auch figürlich nicht gerade wie verlangt. Bei dem Staatsanwalt
Eissenhart (Karl von Appen) blieben mir manche Wünsche offen in
bezug auf Anlage und Auffassung dieser Rolle. Er war einfach z u
sympathisch. In den Nebenrollen waren noch Ingrid Zimmer als Erika
Klappenbach (sehr gut und wie sie schon kneifen kann), Wolf-Dieter
Neitzke als Manfred Meyer und Willy Brunkhorst als Heino Thomsen,
maßgeblich beteiligt.
Für den abwesenden Spielleiter Fritz Kruse hatte Otto Schröder diese
Komödie einstudiert. Und nun muß ich Euch lieben Rissener doch noch
etwas sagen, was Ihr in Eurer Freude am Spiel gar nicht gemerkt
habt. Dies war keine Komödie, sondern ein Schwank, der fast nach
„Köllner Vorbild" schmeckte! Je wärmer Ihr in Euren Rollen wurdet,
desto „komischer", um nicht zu sagen, alberner, wurdet Ihr. Und Ihr
könnt spielen, das weiß ich. Warum nicht lebendige Menschen in ihren
komischen Nöten darstellen, anstatt sie „ulkig" zu verzerren? Warum
eigentlich die knutschenden Paare bei den Schlußvorhängen? Peinlich!
peinlich!
Es tut mir leid, daß ich mit Herrn Schröder nicht einer Meinung bin.
Wenn Ihr diese Zeilen richtig versteht, werden sie doch zu Eurem
Besten sein. Nur aus Fehlern kann man lernen und Selbstkontrolle ist
sehr wichtig. Aber was will ich? Der vollbesetzte Saal (!) wieherte
vor Vergnügen und sparte nicht mit Applaus. Aber — man sollte es
sich nicht zu leicht machen und versuchen, das Niveau zu heben, und
das wird Euch sicher gelingen!
(Verbandskritiker Berhnhard
Müller)
Hamburg, im Mai 1962.
Mein lieber Otto!
Rezension über "Herr Staatsanwalt geiht angeln"?! Bitte! Hier ist
sie. Zwar nur eine Ergänzung zu dem, was unsere Frauen und wir nach
der Premiere in Rissen feststellten. Somit kein "asinus asinum
fricat". Leider kann ich sie jedoch nicht mehr veröffentlichen, denn
die Aufführung liegt schon zu weit zurück.
Alsdann: Wilfried Wroost hat sehr gute Komödien geschrieben. Sein
"Staatsanwalt" hingegen ist der ganzen Struktur nach ein handfester
Schwank. Wenn das Werk dennoch als Komödie deklariert wird, so
darum, weil es im Niederdeutschen üblich ist, Schauspiele,
Lustspiele usw. mit "Kummedi" (Kummödi) zu bezeichnen.
Eine echte Komödie geißelt und glossiert humoristisch entweder
irgendwelche Unzulänglichkeiten des Lebens oder sie strebt mit einem
Ulk zu einer Aussage für das Gute und Wahre. In einem Schwank aber,
das Wort sagt es doch, muß auch zwangsläufig "geschwankt" werden -
von einer Situationskomik, von einer Verlegenheit in die andere. Je
mehr in einem Schwank gesündigt, geflunkert und vertuscht wird, je
tiefer die "Sünder" verstrickt sind im Verbotenen und
Unrechtmäßigen, je mehr sie vor Angst schwitzen, desto wirksamer ist
der Schwank. Prüderie, Lebensechtheit, Moral, Scholastik - wer damit
einen Schwank auffrisiert sehen will, der muß sich schon eine Kritik
an seiner Kritik gefallen lassen.
Erstaunlich, bewundernswert, wie nahe die Rissener Spielgruppe dem
dramaturgischen Aufbau des "Staatsanwalt" gekommen ist. Leute, die
ihren beruflichen Obliegenheiten Zeit und Kraft abringen müssen, von
denen etliche zuvor noch nie eine Bühne betreten haben, bringen mit
viel zu wenig Proben eine so nette Vorstellung zustande, -
begeistern das Publikum derart, daß Wiederholungen verlangt werden,
- ja, das ist wirklich staunenswert und läßt auf ganz ungewöhnliche
Talente schließen! Fast alle Spieler waren im Dialog auffallend
flott und flüssig, ohne sogenanntes Deklamieren und das leidige
Pathos. Und die Hauptsache: sie spielten natürlich! Umso
unverständlicher ist es, wenn von einer Seite her, die doch die
ungeheuren Schwierigkeiten, mit denen Spielgruppen zu kämpfen haben,
aus eigener Praxis kennen müßte, diese Aufführung negativ
"zerrezensiert" wurde - so, als handelte es sich um die einer
Berufsbühne. Wenn in dieser Kritik Ausdrücke enthalten sind wie:
"Schade, schade", "Peinlich, peinlich" und "albern", dann hat der
Urheber in naiver Ahnungslosigkeit einen Bumerang benutzt, der ihm
an die eigenen Ohren fliegen muß.
Wer von dem Staatsanwalt verlangt, daß er unsympathisch wirken soll,
obgleich weder Handlung noch Dialog darauf hindeuten, wer harmlos
knutschende Liebespaare oder einen bis zur Kniebeuge geschürzten
Mädchenrock als "peinlich, peinlich" empfindet in einem Schwank, im
Zeitalter der Bikinis, der ist allerdings tief gesunken - in punkto
Humor.
Ein vor Vergnügen "wieherndes Publikum", wie der Rezensent sich
auszudrücken beliebt, ist doch wohl ein besserer Erfolg als ein
gelangweiltes, das sein Eintrittsgeld zurückverlangt.
Ein Bravo für den Staatsanwalt (Karl von Appen). Was erst könnte
dieses Rissener Ensemble leisten ohne Terminknappheit, bei genügend
Proben? Vielleicht sind künstlerische, reife Höhepunkte zu
erreichen, wenn man weniger Vorstellungen produziert als bisher.
Die sogenannte Laienkunst, ganz gleich welcher Art, hat einen großen
Wert, sie ist Ausgangspunkt und Wegbereiter im Kulturleben. Und das
gelegentliche Zusammenwirken von Berufskünstlern und
Kunstbeflissenen ist eine fruchtbringende Sache.
Wie schade darum, wenn dieses harmonische "Sich gegenseitig ernst
nehmen" durch unkundige Rezensionen getrübt wird. Man sollte nicht
nur tüchtige Spieler heranziehen, man sollte auch geeignete Kritiker
bemühen, die zu einem unpersönlichen Urteil qualifiziert sind. Es
gibt ja bereits welche, wie eine Lektüre des Blattes "Der
Volksbühnenspieler" beweist.
(Anonymer Kritiker und
Schauspiel-Kollege von Otto Schröder)
Ein gelungener Start
Im Heidehaus brachte die Rissener
Volksspielbühne ihre erste Aufführung in plattdeutscher Sprache.
Einen unerwartet großen Erfolg konnten die Spieler und O. Schröder,
der Regie führte, verbuchen. "Herr Staatsanwalt geiht angeln", eine
Komödie von Wilfried Wroost, bot sich den an beiden Aufführungstagen
zahlreich erschienenen Besuchern.
Auch wenn das Spiel im ersten Akt ein
wenig schleppend schien, was jedoch der zweite Akt wieder vollends
gutmachte und vergessen ließ, muß man der Volksspielbühne ein
Kompliment machen für diese beachtliche Leistung. Nicht zu
unterschätzen ist die gute Besetzung der einzelnen Rollen und das
Zusammenspiel zwischen den Darstellern. Besonders zu erwähnen sind
Elfriede Bergel und Annelie Warnke, die noch gar nicht lange in der
Volksspielbühne sind und denen man nicht anmerkte, daß sie zum
erstenmal vor der Öffentlichkeit auf der Bühne standen. Frei von
Klischees spielten auch die schon altbewährten Darsteller Heinrich
Tewes, Karl von Appen, Ingrid Zimmer, Wolf-Dieter Neitzke und Willy
Brunkhorst als Gastspieler.
(Wedel-Schulauer Tageblatt)
Plattdeutsche Komödie in Rissen
Ob das Gespräch auch wirklich für die
Dame an der Strippe ist? Die Zuschauer, die sich die Komödie "Herr
Staatsanwalt" geiht angeln ansahen, wissen es inzwischen. Mit dieser
Komödie von Wilfried Wroost versuchte sich die Volksspielbühne
Rissen zum ersten Male an einem plattdeutschen Stück. Zwei weitere
Neuheiten für das Publikum: Elfriede Bergel in der weiblichen
Hauptrolle und der Spielleiter Otto Schröder aus Altona, der für den
abwesenden Fritz Kruse einsprang.
(Hamburger Abendblatt)
Vertellsel un Dööntjes
Mit der niederdeutschen Sprache war
Annelie Lettermann vertraut - erzählte doch schon ihr Großvater in
dieser Mundart die schönsten Geschichten. Das Sprechen fiel ihr
anfangs allerdings noch schwer. Und so mußte sie ihre erste Rolle
wortwörtlich auswendig lernen und die Verbesserungen und Ermahnungen
der Partner tapfer ertragen. Eine Stelle machte ganz besondere
Probleme: Aus dem Satz "Avers to Huus heff ik dat Seggen"
(hochdeutsch: Sagen) wurde ständig "Avers to Huus heff ik dat
Sagen" (hochdeutsch: Sägen). Am Premierenabend zog sie sich dann
spontan mit den Worten "Avers to Huus heff ik - Pause - de
Büxen an" aus der Affäre - was die Lachmuskeln der Mitspieler
kräftig strapazierte.