Das Jahr 1945, wo der Schwarzhandel
und die Hamsterei blüht (der raffinierte Hamsterer wird dargestellt
von Peter Sielfeldt) und viele Leute ausgebombt sind; sie haben kein
Dach über dem Kopf und nichts zu essen. Diesen Armen wird geholfen,
indem sie vom Staat aufs Land geschickt werden. Der Bauernhof, wo
dieses Stück spielt, hat 3 solche „Zwangseinquartierungen" bekommen:
eine Oberzollinspektorswitwe (Lisa Schröder), eine Schauspielerin
(Silke Lorenzen) und einen Studienrat a.D. (Rudolf Schröder). Können
Sie sich diese 3 auf einem Bauernhof vorstellen? Lina, die forsche
Großmagd (Han-nelore Schramme) jedenfalls nicht und Krischan, der
Knecht (Günter Schramme) gibt ihr Recht.
Aber der Bauer (Günter Schwenn) hat das Sagen und die drei aus der
Stadt kommen und werden dort untergebracht.
Nicht nur, daß es zwischen Verliebten (Karen Jark und Thorsten
Junge) dadurch zu Eifersüchteleien kommt, plötzlich ist auch die
große Mettwurst verschwunden. Das Suchspiel nach der Wurst bleibt
nicht ohne Folgen!
In diesem Spiel wird das Alltagsgeschehen der Nachkriegszeit wieder
lebendig.
De Autor vertellt
Gedanken eines Autors
von Manfred Dix
Ist eine Wurst nach 36 Jahren noch genießbar? Nach der nächsten
Premiere der Volksspielbühne Rissen werde ich es wissen. Für mich
wie für den Spielleiter und die Akteure der Bühne geht es am 21.
Oktober in der Aula der Schule Iserbarg in Rissen gleichermaßen „um
die Wurst". Dies ist auch der Titel des Stückes, das sie spielen.
Ich schrieb es im Winter 1946/47 für die „Neue Hannoversche
Volksbühne", mit der ich damals als Schauspieler durch die Lande
zog. Wir spielten in etwa zwanzig Dörfern und Kleinstädten rund um
Hannover; meist in Sälen von Gastwirtschaften. Das Publikum bestand
aus Einheimischen und Evakuierten, zumeist Ausgebombten aus den
großen Städten. Wir spielten Stücke, die im ländlichen Milieu
angesiedelt waren; vor allem die Lustspiel-Klassiker des
Erfolgsautors August Hinrichs: „Krach um Jolanthe", „Wenn der Hahn
kräht", „Für die Katz". —
„Für die Katz ist all unser Bemühen, wenn wir nicht bald ein neues
Stück finden", sagte eines Tages unser Boss, „denn mit Hinrichs sind
wir nun am Ende."
Ein weiteres Stück, das auf dem Lande
spielte, war uns jedoch nicht bekannt, und so sahen wir alle das
Ende unserer Bühne und damit auch unserer Existenz nahen.
„Könnte denn nicht einer von uns mal so'n Ding schreiben", meinte
unsere 'Jugendliche Liebhaberin'.
„Richtig", assistierte ihr unser
,Heldenvater', „und zwar möglichst eines, das die Konflikte
behandelt, die sich jetzt und heute auf dem Lande ergeben, durch das
oft nicht freiwillige Beisammensein von Städtern und Dörflern".
„Aber um Gotteswillen nichts
Ernstes", mahnte unser Regisseur, „lustig muß die Sache schon sein,
sonst will das keiner sehen! — Na, wer wagt es?", fragte er in die
Runde. Dabei sah er vor allem mich an; wohl deshalb, weil ich schon
ein paar kleine Sachen für die Zeitung geschrieben hatte. Da mich
auch alle anderen ansahen und so taten, als hinge ihr Wohl und Wehe
ganz allein von mir ab, sagte ich „OK" und machte mich an die
Arbeit.
„Um die Wurst" war nicht nur der Titel des Stückes, das ich in rund
drei Monaten schrieb, um die Wurst ging es auch für mich und meine
Kollegen, wenn das Stück ein Reinfall würde. Nun, es wurde keiner.
Nach der mit viel Beifall bedachten Uraufführung am 30. April 1947
in Fallingbostel, spielten wir das Stück in 34 weiteren Orten rund
um Hannover. Aufführungen durch Bühnen in Heide, Rheydt und Bremen
sowie durch zahlreiche Laienspielgruppen folgten.
Nun hat in den letzten Monaten der rührige Spielleiter der
Volksspielbühne Rissen, Heiner Tewes, das Stück ins Plattdeutsche
übertragen und mit deren Akteuren einstudiert. Ob seine und ihre
Bemühungen sich gelohnt haben? Bald werden wir es wissen, denn wie
für den Autor geht es auch für sie alle am 21.10.83 „üm de Wust".
PS: Seit zwanzig Jahren bin ich übrigens Bürger von Rissen. Im
Hamburger Telefonbuch werden sie den Namen Manfred Dix allerdings
nicht finden. Er ist ein Pseudonym. In meinem Personalausweis
steht... Nein, das werde ich Ihnen nicht verraten; jedenfalls nicht,
bevor ich weiß, wie Sie meine eingangs gestellte Frage beantworten
werden.
Presse
Selten so gelacht!
Die Volksspielbühne Rissen hat es mit ihrem Lustspiel "Üm de Wust"
vermocht, ihr Publikum zu wahren Lachsalven hinzureißen. Auf dem
Hintergrund der Nachkriegs- und Schwarzmarkt-Zeit gelang es ihr, in
einem flüssigen Szenenablauf die um eine begehrte Mettwurst
kreisende von Manfred Dix geschriebene Geschichte überzeugend
darzustellen.
Die gute, dankbar aufgenommene Ensemble-Leistung wurde lediglich
noch übertroffen von der Darstellerin der Kleinmagd Antje alias
Fräulein Varka: Silke Lorenzen zeigte in dieser Rolle ein besonders
starkes Einfühlungsvermögen in Sprache und mimischer Darstellung.
Aber nicht genug damit, denn selbst in der Pause gab's keine Pause,
weil die "Rissener Symphoniker" mit ihrer Blasmusik helle
Begeisterung bei ihren Zuhörern auslösten. Diese drei jungen Musici
im Gehrock und Zylinder wünschte man allgemein auch künftig
wiederhören zu dürfen, denn sie waren es schließlich, die in der
Schlußszene für einen fröhlichen Geburtstags-Kehraus sorgten. (Der Rissener)
Das war prima !
...die letzte Aufführung der VB Rissen.
Es war ein gelungener, humorvoller Abend, den uns die
Volksspielbühne Rissen wieder einmal mit ihrem neuesten
plattdeutschen Stück "Üm de Wust" bescherte. Ein lustiges Spiel auf
dem Dorf mit Mißverständnissen, Verdächtigungen und ein wenig Liebe.
Hier hat der Autor Manfred Dix eine Handlung auf die Bühne gebracht,
die bei allem Ernst der damaligen Zeit auch einmal die weniger
tragische, aus der heutigen Sicht humorvolle Seite dieses Lebens
wiederspiegelt.
Das Stück ist auf dem Lande zuhause und wird somit auch durch seine
nun plattdeutsche Fassung von Heiner Tewes dem Milieu erst richtig
gerecht.
Die Leistungen unserer Schauspieler (alle Amateure) wurden wie schon
so oft mit viel Applaus bedacht, besonders Günter Schramme in seiner
Rolle als Knecht fand ungeteilten Beifall.